Rundumadum

Auf Schritt und Tritt mit der Natur

In diesem Beitrag möchte ich mit euch ein paar Gedanken teilen und euch dazu motivieren, ein bisschen in Bezug auf das Gärtnern über den Tellerrand hinauszublicken. In meiner Freizeit gehe ich sehr gerne und lange spazieren. Um das ausgiebig machen zu können, verzichte ich, soweit es zeitlich geht, auch mal auf öffentliche Verkehrsmittel oder das Auto. Da sich bei mir so ziemlich alle HotSpots in München befinden, ist das auch kein großes Problem.
Früher bin ich wie eine Marathonläuferin durch die Stadt gehetzt und habe mein Umfeld dabei keineswegs beachtet. Seit meinem Studium allerdings übe ich mich immer mehr darin, bewusster und gemütlich spazieren zu gehen und auch mal stehen zu bleiben, wenn ich schöne Pflanzen oder Gärten erblicke. Und was soll ich sagen: Es lohnt sich! Wer behauptet, dass eine Großstadt trist und grau und voller Betonklötze ist, der irrt sich!

Auf meinem Arbeitsweg zum Beispiel bin ich die letzten Wochen durch ein regelrechtes Fliedermeer spaziert. Da war die Laune in der Früh dann auch gleich besser! Wenn ihr die Gelegenheit habt und euer Arbeitsplatz nicht so weit weg ist, solltet ihr das unbedingt auch mal ausprobieren.

Am Interessantesten finde ich aber im Moment die Hausgärten, die alle ihren eigenen Charakter aufweisen.
Manche werden schon fast akkurat mit der Nagelschere gepflegt, andere sind märchenhaft und leicht verwildert und wieder andere gleichen eher einem Freizeitpark.
Mein persönlicher Favorit gehört zur Kategorie der leicht verwilderten Gärten: Man blickt zwischen einem Gartentürchen und von oben herabhängendem wilden Wein zu einem kleinen süßen Häuschen, das selbst mit Efeu und Wein überwachsen ist. Links daneben geht ein kleiner Weg, geschmückt mit den schönsten wilden Stauden in lila und rot, am Haus vorbei. Mehr kann ich leider nicht sehen. Aber allein dieses Stillleben fasziniert mich jedes Mal und man könnte meinen, dieser Weg führt direkt in ein Märchen.
Da fragt man sich doch, warum Gärten, die ein bisschen mehr der Natur überlassen werden, schöner aussehen, als Gärten, die rund um die Uhr gepflegt werden? Und hier kommen wir zu meinem Gedankenspiel.

Beim Anblick von wilden Wiesen oder natürlich gewachsenen Sträuchern fällt immer wieder auf, wer der beste aller Gärtner ist – und zwar die Natur! Solch eine perfekte Kombination von Farben, Strukturen und Mustern bekommt außer ihr nur Jemand hin, der eine immense Ahnung von Pflanzen und Gartengestaltung hat.
Natürlich können Gärten aber nicht einfach nur der Natur überlassen werden, denn ein Garten soll ja auch in Bezug auf Gemüse und Kräuter nützlich sein. Außerdem würde der Garten irgendwann gelinde gesagt einfach zuwachsen.
Aber dieses gewisse Eigenleben, das dem Garten etwas Magisches einhaucht, erlangt ein Garten nur, wenn der Gärtner mit der Natur zusammenarbeitet und dadurch ein Ausgleich geschaffen wird. Außerdem wird vor lauter Unkrauteln, Zurückschneiden, Rasen mähen, Aussäen, Pflanzen und Gießen oft vergessen, dass ein Garten auch eine Ruheoase sein sollte, die uns wieder etwas mehr mit der Natur vereint. Früher wurde ein Garten als reiner Nutzgarten verwendet und die Schrebergärten entstanden aufgrund von Lebensmittelknappheit. Heute in unserer schnelllebigen Zeit ist es allerdings wichtig, den Wandel der Jahreszeiten zu erleben und uns aus unserem Ich-funktioniere-und-die-Zeit-vergeht-wie-im-Flug-Alltag zu befreien. Dieses Feeling sollte man auf jeden Fall in seinen Garten holen und ihn gerade deshalb auch noch ein Wenig natürlich belassen.

Doch wie schafft man diesen Ausgleich, ohne einen Garten ungepflegt aussehen zu lassen? Etwas widersprüchlich gesagt: Indem man der Natur kontrolliert ihren freien Lauf lässt.
Einerseits sollten wir uns von der Natur eine Scheibe abschneiden und sie etwas in puncto Farb- und Strukturkombination nachahmen. Die Fähigkeit des Abschauens wurde uns ja zum Glück in die Wiege gelegt. Nehmen wir als Beispiel mal den Großteil aller Frauen. Wie oft durchwühlen wir unseren Kleiderschrank, um das perfekt aufeinander abgestimmte Outfit zusammenzustellen? Ich jedenfalls sehr oft!
Doch die Natur, so habe ich das Gefühl, weiß ganz genau, welche Farben und Formen zusammenpassen. Da sind doch unsere Gärten verglichen mit unseren Outfits nichts anderes. Sie sollten ein schöner Anblick und gut aufeinander abgestimmt sein. Unzählige Zeitschriften zeigen uns Beispiele auf, wie sich die Frau kleiden kann. Das schauen wir uns nämlich ab und zu schon gerne ab.
Also warum schauen wir uns nicht auch genauso bewusst die Laufstege der Natur an, die sich direkt vor unseren Augen befinden? Genau das macht aus einem gewöhnlichen Garten etwas Besonderes.

In Bezug auf die verschiedenen Standortvorlieben der Pflanzen wird uns Gärtnern hier eh schon sehr geholfen. Denn die Pflanzen sehen genau dort, wo sie sich am Wohlsten fühlen, auch am Besten aus. Stellt euch doch nur mal einen Farn vor, der mitten in der prallen Hitze auf einer Wiese wächst. Das passt doch nicht! Sitzt er allerdings im Schatten unter einem Baum, umgeben von weichem Moos, erinnert das gleich wieder an ein Märchen oder eine magische Welt.

Des Weiteren kann der Natur an abgegrenzten Flächen im Garten eine Art Spielwiese überlassen werden. Sei es ein Beet, das von uns nur ab und zu zurückgeschnitten oder von allzu bedrängendem Unkraut befreit wird, oder ein Stück Rasen, der einfach mal nicht gemäht wird. Denn bei so einem Fleckchen Rasen wird nicht einfach nur wie erwartet das Gras höher. Nein! Nach ein paar Wochen kommen auf einmal wunderschöne Blümchen zum Vorschein und man gewinnt eine Wildblumenwiese, wie man sie selbst niemals hinbekommen hätte.
Natürlich mähen auch wir unseren Rasen im Garten, allein schon wegen Zecken, Löwenzahn und Co. Aber auch wir haben ein kleines Beet errichtet, in dem wir einfach wie wild Wildblumen ausgesät haben. Ich finde, es ist wichtig, das Große und Ganze zu erkennen und somit mit den Jahren einen wunderschönen Garten zu bekommen.

Nun werden viele von euch wahrscheinlich schon leichte Panik wegen dem sich liebend gerne selbstaussehenden Löwenzahn bekommen. Einerseits verstehe ich das sehr gut. Auch wir schauen, dass wir ihn im Zaun halten. Aber ihr solltet euch darüber im Klaren sein, warum er so vorprischt. Löwenzahn zählt zu den sogenannten „Zeigerpflanzen“ und wächst nicht einfach nur, weil er uns ärgern will. Er weist uns darauf hin, dass unser Boden zu verdichtet ist und er ihn mit seinen Pfahlwurzeln gerne auflockern würde. Mal angenommen, man würde ihn einfach wachsen lassen, bestände der Garten zwar aus einem gelben Blütenmeer. Aber nach ein paar Jahren würde er wieder verschwinden, wenn er zufrieden seine Arbeit getan hätte. Solche „Zeigerpflanzen“ gibt es zuhauf und ich finde, wir sollten wissen, was sie uns mitteilen wollen, um unseren Garten richtig pflegen zu können.

Wir dürfen die Natur in unserer verkopften und etwas spießigen Gesellschaft nicht ignorieren. Und wenn man so darüber nachdenkt, ist diese Vorgehensweise doch das eigentlich richtige Gärtnern. Das Natürliche etwas in die eigene Richtung zu lenken und ihr auf kargen leeren Beeten einen kleinen Vorsprung verschaffen.

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