Systematik: Der Familienstammbaum der Pflanzen
Wie in der Tierwelt, werden auch Pflanzen in verschiedene Klassen, Familien, Gattungen und Arten kategorisiert. In diesem Beitrag beschränke ich mich auf die Familie und die Art, da dies (außer in der Wissenschaft) völlig ausreicht, um sich in der Pflanzenwelt zurecht zu finden.
Jede Pflanze besitzt einen Vor- und Nachnamen – auf latein oder auch botanisch versteht sich natürlich. Der erst genannte Name ist der Familienname, der zweite das sogenannte Artepitheton (ausgesprochen Art-epitheton). Dieses beschreibt eine Pflanze mit oft wiederkehrenden Wörtern, wie zum Beispiel palmifolium (Blätter wie bei einer Palme), sanguineum (blut, rot), vulgaris (gewöhnlich) oder sylvestris (wild, aus dem Wald). Wen das interessiert, dem kann ich das Buch „Latein für Gärtner“ von Lorraine Harrison empfehlen. Es ist wie ein kleines Lexikon aufgebaut und gibt an, was die Artepitheten bedeuten.
Man sieht also, Logik ist dahinter und die Namensgebung ist uns Menschen gar nicht so unähnlich. Personen aus der gleichen Familie und mit den gleichen Genen haben einen Nachnamen und Namensvettern bezüglich des Vornamens gibt es auch.
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Da es unglaublich viele Pflanzenfamilien gibt, beschränke ich mich aber auf die für uns interessantesten.
Um das Ganze zu erleichtern, liste ich diese hier mal mit den typischsten Merkmalen auf:
Familienname | Merkmale | Vertreter | |
deutsch | latein | ||
Nachtschattengewächse | Solanaceae | 5 miteinander verwachsene Blütenblätter | Tomate, Kartoffel, Zauberglöckchen |
Schmetterlingsblütler | Fabaceae | charakteristische Schmetterlingsblüte | Bohne, Erbse, Blau- und Goldregen |
Kreuzblüttler | Brassicaceae | 4 kreuzförmig verteilte Blütenblätter | Kohl, Ruccola, Blaukissen |
Doldenblütler | Apiaceae | Blütendolde | Karotte, Fenchel, Sterndolde |
Kürbisgewächse | Cucurbitaceae | ausgeprägte Pfahlwurzel | Kürbis, Zucchini, Gurke, Melone |
Lippenblütler | Lamiaceae | vierkantige Sprosse/Stängel | Kräuter wie Lavendel, Minze, Salbei und Thymian |
Korbblütler | Asteraceae | Röhren- und Zungenblüten | Salat, Sonnenblume, Gänseblümchen |
Rosengewächse | Rosaceae | die Blüten sind radiärsymmetrisch | Rose, Vogelbeere, Obst wie Apfel, Birne, Schlehe, Kirsche |
Rauhblattgewächse | Boraginaceae | rauhes Blatt | Borretsch, Lungenkraut, Beinwell, Vergissmeinnicht |
Hahnenfußgewächse | Ranunculaceae | gezackte, hühnerfußartige Blätter | Eisenhut, Akelei, Christrose |
Rachenblütler | Scrophulariaceae | Blüten oft traubenartig angeordnet | Löwenmaul, Fingerhut, Königskerze, Veronica |
Wolfsmilchgewächse | Euphorbiaceae | beinhaltet Milchsaft, wächst sukkulent | Maniok, Weihnachtsstern, Wunderstrauch |
Mohngewächse | Papaveraceae | beinhaltet Milchsaft, wächst nicht sukkulent | Mohn, Lerchensporn |
Vielleich fragt ihr euch, wieso ich euch das hier erzähle oder was euch das im Garten nützt. Beschäftigt man sich aber ab und zu damit, können interessante Beziehungen festgestellt werden, was sich oft als Vorteil erweist. Denn viele Arten der gleichen Familie besitzen gemeinsame Vorlieben oder Wuchscharaktere, wodurch einiges hergeleitet werden kann und nicht über jede einzelne Pflanze und ihre Ansprüche recherchiert werden muss. Außerdem kann eine unbekannte Pflanze aufgrund von bestimmten Merkmalen schneller bestimmt und einer Familie zugeordnet werden. Die Asteraceen oder auch Korbblütter zum Beispiel haben alle den gleichen Blütenaufbau – in der Mitte Röhrenblüten und außen Zungenblüten (es handelt sich also nicht nur um eine Blüte, sondern um ganz viele nebeneinander).
Um es zu verdeutlichen: zu dieser Familie gehören Gänseblümchen, Löwenzahn, Margeriten und auch Sonnenblumen. Die Blüte schaut doch immer ähnlich aus, oder? Aber auch der Salat, den wir nie blühend sehen, oder die Artischocke gehört hier dazu.
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Außerdem kann ein Grundwissen über die Systematik der Pflanzen auch ernährungstechnisch sehr nützlich sein. Die Kartoffel, die Tomate und die Aubergine gehören zum Beispiel zur Familie der Solanaceen oder auch Nachtschattengewächse. Diese produzieren alle das giftige Solanin, weshalb es nicht empfehlenswert ist, Kartoffeln und Auberginen roh zu essen. Bei Tomaten ist es etwas anders. Hier befindet sich das Solanin in der unreifen, grünen Tomate und wird beim Reifeprozess abgebaut. Und die so giftige Tollkirsche oder auch Bella Donna genannt? Ja, auch die gehört zu dieser Familie.
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Ein weiteres interessantes Geschwisterpärchen (wie ich es gerne nenne) sind zum Beispiel auch Hopfen und Hanf.
Oder die Hainbuche, die botanisch Carpinus betulus heißt. Sie gehört zur Familie der Betulaceen, also die der Birkengewächse. Ja, die Hainbuche ist gar keine Buche, sondern sozusagen eine Birke.
Ihr seht also, so ein Familienstammbaum kann schon sehr interessant sein.